In Baden geächtet – in Amerika geachtet


Zum Todestag des badischen liberalen Politikers Lorenz Brentano

Von Dr. Jürgen Dick

Lorenz Brentano (1813-1891)

Am 17. September 1891, also heute vor 129 Jahren, starb in Chicago/USA der badische Politiker und demokratische Revolutionsführer von 1849 Lorenz Brentano. Der am 4. November 1813 in Mannheim geborene Rechtsanwalt setzte sich bereits als Abgeordneter der 2. Badischen Ständekammer in den 1840er Jahren für demokratische Grundrechte, die politische Mitbestimmung des Volkes und die Emanzipation der Juden ein. Als sich 1846 die liberale Kammeropposition in gemäßigte Liberale und entschiedene Demokraten spaltete, schloss er sich den Demokraten an.

1847 erhielt er eine Stelle als Advokat am Hofgericht in Bruchsal und wohnte in der Huttenstraße, bevor er 1848 aufgrund seiner hervorragenden juristischen Qualifikation zum Advokaten und Prokurator am Oberhofgericht in Mannheim avancierte. In der badischen Öffentlichkeit weithin bekannt und populär wurde Brentano, als er nach den ersten Aufständen von 1848 die Verteidigung der Revolutionäre Gustav Struve und Karl Blind übernahm. Er wurde in die Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche gewählt und stand an der Spitze des Landesausschusses der demokratischen Volksvereine in Baden. In dieser Funktion gelang es ihm, zusammen mit seinem Stellvertreter Amand Goegg das Netz dieser Vereine und damit den Einfluss der Demokraten in Baden erheblich zu erweitern, was letztendlich zum anfänglichen Erfolg der Mairevolution von 1849 entscheidend beitrug und zur Flucht des Großherzogs führte.

Als Vorsitzender der provisorischen Regierung, sah er sich vor die schwierige Aufgabe gestellt,

die neu errungenen demokratischen Freiheitsrechte gegenüber der drohenden Invasion preußisch dominierter Reichstruppen zu verteidigen. Seine Gegner im radikaldemokratischen Lager, allen voran Gustav Struve, die offen für die Ausrufung einer Republik plädierten, während sich Brentano zunächst auf die Verteidigung der Reichsverfassung konzentrieren wollte, warfen ihm mangelnde revolutionäre Dynamik vor, beachteten allerdings nicht, dass er die Mehrheit der neuen, frei gewählten Verfassungsgebenden Versammlung hinter sich hatte. Seine Versuche einer ausgleichenden Politik konnten den Einmarsch der Interventionstruppen, gegen deren Übermacht die badisch-pfälzische Revolutionsarmee trotz tapferer Gegenwehr keine Chance hatte, nicht verhindern. Als keine Aussicht auf Erfolg mehr bestand, floh Brentano zusammen mit anderen Revolutionsführern und den Resten der Armee in die Schweiz und entging so den badisch-preußischen Standgerichten. 

Brentano emigrierte in die USA, wo er als Zeitungsherausgeber, zeitweise als Farmer und überwiegend als Journalist tätig war, bevor er in Chicago eine zweite politische Karriere startete.  Er schloss sich wie viele andere Revolutionsteilnehmer von 1849/49 der neu gegründeten Republikanischen Partei Abraham Lincolns an. Da die Republikaner damals die liberalere der beiden großen amerikanischen Parteien waren und vor allem für die Abschaffung der Sklaverei eintraten, war dies für Brentano ein konsequenter Schritt, der im Einklang stand mit seinen freiheitlichen Grundüberzeugungen, die er aus der alten Heimat mitgebracht hatte. Sein politisches Talent zahlte sich jetzt in einem Umfeld der freien Meinungsäußerung aus. Über die Zwischenstationen als Abgeordneter des Staatsparlamentes von Illinois und als Konsul der Vereinigten Staaten in Dresden, schaffte er es schließlich 1877 als republikanischer Abgeordneter ins US-Repräsentantenhaus.

Er starb als hochgeachteter amerikanischer Staatsbürger.



Follow by Email
LinkedIn
Share