Offener Brief vom Vorsitzenden des Fördervereins „Demokratiegeschichte Bruchsal“ an die Mitglieder der Kommission für Stadtgeschichte
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei den Recherchen zur Premiere meiner historischen Friedhofsführung am 1. November bin ich auf ein interessantes Zitat gestoßen. Es stammt aus dem 88-seitigen Werk „Geschichte des Bruchsaler Friedhofs und seiner Grabstätten“. Verfasser ist das Mitglied der früheren Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Werner Greder. Das Script ist im Stadtarchiv sicher vorhanden. Auf Seite 77 schreibt er unter der Überschrift „Juden in Bruchsal“
„Die Einstellung der landesherrlichen Bischöfe zu den Juden wurde durch den von ihnen erhofften wirtschaftlichen Nutzen bestimmt. So wurden die Juden von den Bischöfen ersucht, ihnen finanziell beizustehen, wenn die Herren sich in Geldnöten befanden, was der Öfteren der Fall war. Auch eine Judensteuer wurde erhoben, welche die Juden zu entrichten hatten, wofür ihnen von den Bischöfen Schutz gewährt wurde.
Bischof Gerhard Herr von Ehrenberg (1338 – 1363) erließ für die in seinem Herrschaftsbereich wohnenden Juden ein Zwangs-Tauf-Edikt und forderte die Juden auf, ihren `Irrglauben` abzulegen. Die Juden weigerten sich aber, worauf der Bischof anordnete, dass alle jüdischen Männer einen gelben Fleck auf ihrem Gewand zu tragen haben und deren Frauen auf dem Kopftuch zwei blaue Bänder anbringen mussten. Außerdem befahl der Bischof, dass die Juden an christlichen Sonn- und Feiertagen sich in ihren Wohnungen einzuschließen haben.“
Meinen Kommentar dazu auf dieser Führung möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
„Und dieser feine Herr ist heute noch Pate eines Saales im Bruchsaler Bürgerzentrum mit dessen Bau, so hat OB Doll bei der Einweihung des Bürgerzentrums gesagt, `man sich hineingenommen fühle in Kontinuität unseres Handelns vor der Geschichte unserer Stadt`, deren `Kultur man eine neue Dimension` verliehen habe. Ob er das heute noch einmal so sagen würde?
Sie erlauben mir sicher jetzt die persönliche Bemerkung: Seit Jahren setze ich mich für die Umbenennung der Säle des Bruchsaler Bürgerzentrums ein. Vielleicht wird es dann jetzt etwas, wenn wir im kommenden Jahr das 175-jährige Jubiläum der Badischen Revolution feiern.“
Ich denke, es wird jetzt höchste Zeit, dass sich die Kommission für Stadtgeschichte mit dem Thema Umbenennung der Säle im Bruchsaler Bürgerzentrum beschäftigt und dem Gemeinderat vorschlägt, die Säle künftig nach zwei Vertretern der Demokratiegeschichte Bruchsals, Anton Eisenhut und Lorenz Brentano, zu benennen. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, warum die Kernstadt Bruchsal nicht wenigstens in seinem „Bürgerzentrum“ das kann, was Untergrombach schon lange hat: Joß-Fritz-Schule, Joß-Fritz-Straße, Joß-Fritz-Brunnen.
Ich bitte die Kommission für Stadtgeschichte daher, sich zeitnah mit diesem Vorschlag zu beschäftigen. Zeitnah deshalb, weil sich ein geeigneter Anlass für diese Umbenennung anbietet, nämlich das Programm zur Feier des 175-jährigen Jubiläums der bürgerlichen Revolution am 10. – 12. Mai 2024. Dieses Programm wird ja gegenwärtig von einer Arbeitsgruppe unserer Kommission unter der Leitung des Kulturamtes der Stadt gestaltet.
Damit dieses Thema möglichst rasch Gegenstand der bürgerschaftlichen Diskussion wird, erlaube ich mir, diesen offenen Brief der Stadtverwaltung, den Fraktionen des Bruchsaler Gemeinderats, der Presse und anderen interessierten Institutionen und Vereinigungen zukommen zu lassen. Er wird auch auf der Webseite unseres Fördervereins gepostet, auf der wir dann zu ausführlichen Diskussionen aufrufen.
Vielleicht noch ein Link zum Thema: https://landfunker.de/video-bruchsal-ein-stueck-geschichte-die-seilersbahn-1989/
Für das Verständnis der Kommissionsmitglieder und eine offene Diskussion bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Kaufmann
1. Vorsitzender
Förderverein „Demokratiegeschichte Bruchsal“
Mitglied des „Kommission für Stadtgeschichte“ der Stadt Bruchsal